Mittwoch, 30. März 2016

DIE GROSSE STROMLÜGE


Frost und Kälte fordern auch in Europa noch immer Todesopfer. In den letzten Jahren wurde eine längst überwunden geglaubte Gefahr wieder aktuell: Vielen Menschen fehlt das Geld, um ihre Wohnungen angemessen zu beheizen. "Günstigere und umweltfreundlichere Energie" hatten die EU-Mitgliedstaaten einst versprochen. Warum sind die Stromrechnungen noch immer so hoch?

Durch steigende Strompreise sind viele Privathaushalte in der EU überlastet: In Spanien betrifft dies sogar ein Drittel der Bevölkerung. In Italien konnten im Jahr 2015 fünf Millionen Familien ihre Stromrechnung nicht begleichen, in Deutschland waren es sieben und in Frankreich sogar acht Millionen Menschen. "Günstigere und umweltfreundlichere Energie" hatten die EU-Mitgliedstaaten vor 20 Jahren versprochen. Doch was ist aus der vielversprechenden Idee eines gemeinsamen und transparenten Energiemarkts geworden?

Zahlt der Verbraucher für jahrelange politische Fehlentscheidungen? In Deutschland hat man zwar den Atomausstieg beschlossen, muss aber dennoch auch weiterhin Braunkohletagebau betreiben, was nicht nur zulasten der Umwelt geht, sondern Zwangsumsiedlungen ganzer Ortschaften zur Folge hat.
In Spanien leisteten Tausende Bürger mit Investitionen in eigene Solarstromanalagen einen Beitrag zum energetischen Wandel. Die Regierung hatte versprochen, ihnen den Strom zu fairen Preisen abzunehmen. Einige Jahre später überlegte sie es sich anders und sorgte so für eine Rekordverschuldung.

In Frankreich hat das ehemalige Staatsunternehmen Electricité de France (EDF) bis heute eine Monopolstellung inne. Dies verstößt nicht nur gegen den freien Wettbewerb in der EU, sondern verwehrt Tausenden Franzosen, die gerne ihre eigene Energie produzieren würden, die Loslösung vom staatlichen Netzbetreiber.

Der Dokumentarfilm durchleuchtet die verschiedenen Versprechen, die im Namen eines liberalen europäischen Energiemarkts gemacht wurden, und analysiert die Hintergründe für das Scheitern dieser europäischen Vision.

Montag, 7. März 2016

ICH WEISS, WER DU BIST - AUF DEM WEG ZUR ALLSEHENDEN GESELLSCHAFT



Internetkonzerne kennen unsere politische Einstellung, unser Konsumverhalten und unsere Kreditwürdigkeit. Was aber, wenn nicht nur Google, Amazon und Facebook all das von uns wüssten, sondern jeder Passant auf der Straße? Die Dokumentation "Ich weiß, wer Du bist" behauptet: Dieses Szenario ist keine Zukunftsmusik, sondern steht uns unmittelbar bevor.

Internetkonzerne kennen unsere sexuellen Neigungen, unsere politische Einstellung, unser Konsumverhalten und unsere Kreditwürdigkeit. Sie wissen, mit wem wir befreundet sind, wo wir arbeiten und welche Bücher und Filme wir mögen. Was aber, wenn nicht nur Google, Amazon und Facebook all das von uns wüssten, sondern jeder Passant auf der Straße? Was, wenn ein einziger Blick genügte, um all jenes über einen Menschen zu erfahren, was das Netz über ihn weiß? Wenn es eine Datenbrille gäbe, die uns beim Spaziergang durch eine Fußgängerzone unfassbar viel über unsere Mitmenschen wissen ließe? Einfach indem sie Gesichter erkennt und diese Gesichter den zugehörigen Informationen im Netz zuordnet?

Die Dokumentation "Ich weiß, wer Du bist" behauptet: Dieses Szenario ist keine Zukunftsmusik, sondern steht uns unmittelbar bevor. Gesichtserkennende Maschinen, smarte Brillen und Datenmusterkennung heißen die drei Technologien, die für eine solche Brille benötigt werden und die es heute bereits gibt. Sie müssen nur noch zusammengefügt werden.

Der Internet- und Fernsehjournalist Mario Sixtus besucht deshalb in "Ich weiß, wer Du bist" Visionäre wie Sebastian Thrun, den Entwickler der Google Glass, Forscher wie Vesselin Popov von der Universität Cambridge sowie Unternehmer wie Erki Kert von Big Data Scoring und zeigt ihre Arbeit. Wie gut funktionieren Datenbrillen, Gesichts- und Datenmustererkennung tatsächlich? Wie lange wird es noch dauern, bis wir alle eine allsehende Brille kaufen können? Und vor allem: Was bedeutet das für unser auf Anonymität beruhendes Zusammenleben in der Großstadt, wenn wir auf einmal mit den Kontoständen, Chat-Dialogen und Neurosen unserer Mitmenschen konfrontiert werden?

"Ich weiß, wer Du bist" eröffnet gemeinsam mit der Harvard-Ökonomin Shoshana Zuboff, dem Futurologen Ludwig Engel und dem Kulturwissenschaftler Michael Seemann die Debatte darüber, wie wir der Herausforderung eines drohenden Zusammenlebens ohne Privatsphäre begegnen wollen, und untersucht, welches utopische Potenzial in einer allsehenden Gesellschaft steckt.

Mittwoch, 2. März 2016

DIE REVOLUTION DER SELBSTLOSEN


Immer mehr Wissenschaftler stellen die pessimistische Sichtweise der menschlichen Natur infrage. Psychologen, Neurowissenschaftler und Primatenforscher haben herausgefunden, dass Altruismus und die Fähigkeit zur Kooperation durchaus grundlegende, angeborene Wesenszüge des Menschen sind ...

Selbstbezogenheit, Materialismus und Geldgier beherrschen unsere moderne Gesellschaft. Aber gehört es nicht vielleicht doch zur menschlichen Natur, selbstlos zu sein, also uneigennützig im Interesse von anderen zu handeln? Seit rund 20 Jahren widerlegen Forschungsergebnisse - wie etwa die des Katastrophenforschungszentrums von Delaware - die These von einem universellen Egoismus. Psychologen, Neurowissenschaftler und Primatenforscher fanden heraus, dass sogenanntes prosoziales Verhalten wie Mitgefühl, Altruismus, Hilfsbereitschaft und die Fähigkeit zur Kooperation zu den fundamentalen Eigenschaften des Menschen zählen.
Sylvie Gilman und Thierry de Lestrade haben Wissenschaftler bei ihren Forschungsarbeiten begleitet: Ausgangspunkt sind entwicklungspsychologische Studien, die bereits im Babyalter ansetzen und das Bild eines Menschen zeigen, der hochgradig kooperativ ist: Nach Studien der Universität Yale verfügen Babys bereits in den ersten Lebensmonaten über ein moralisches Urteilsvermögen, eine Art Gerechtigkeitssinn und zeigen spontan altruistische Verhaltensweisen.

Angesichts der weltweiten Herausforderungen, die nach radikalen Veränderungen rufen, stellt sich die Frage, ob und wie diese positiven Charaktereigenschaften des Menschen gefördert werden können. Könnte man Selbstlosigkeit womöglich sogar üben? Unermüdlicher Botschafter dieser Überlegung ist der studierte Molekularbiologe Matthieu Ricard. Der buddhistische Mönch studiert mit Hirnforschern die Wirkung von Meditation auf das Gehirn - mit Erfolg. Zahlreiche Experimente zum Geistestraining weisen nach, dass die individuelle Wandlung möglich ist. Meditationsübungen an Schulen in Problemvierteln zeigen bereits überraschende Erfolge im Sozialverhalten und im Kampf gegen Aggressionen. Längerfristig besteht das Ziel darin, eine breitere Bewegung auch über den Bildungs- oder Gesundheitssektor hinaus anzustoßen.

Manche Ökonomen setzen große Hoffnungen in die Wandlungsfähigkeit unserer Gesellschaft. So haben sich Wirtschaftsexperten auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos ein neues Thema auf die Fahne geschrieben: Achtsamkeit. Seinen Geist der Güte zu öffnen und sich in humanitären Projekten zu engagieren, ist aus ihrer Sicht eine Win-win-Situation, die auch für die moderne Wirtschaft keine Utopie bleiben soll.