Montag, 24. Oktober 2011

HUNGER



Der Film "Hunger" erzählt, wie Menschen, Gruppen und Organisationen darum ringen, eines der schlimmsten sozialen, politischen und ökonomischen Probleme unserer Tage zu lösen: den Hunger in der Welt. In fünf Ländern stellen Marcus Vetter und Karin Steinberger die Frage, wie Menschen mit dem Hunger leben, und warum so viele Konzepte der Entwicklungspolitik versagt haben. Von Haiti, wo die mittellosen Bauern mit den Zauberworten Freihandelspolitik und Strukturanpassung gelockt wurden, bis nach Kenia, wo ganze Landstriche seit Jahren von Lebensmittelhilfe abhängig sind.

Man kennt das Bild mittlerweile. Ein Boot voller Menschen am Touristenstrand auf Gran Canaria. Sie schleppen sich durch den Sand, halb verhungert, bleiben einfach liegen und schauen auf die unter Sonnenschirmen liegenden Touristen. Sie sind Boten eines explosionsartigen Bevölkerungs-wachstums, das zu 95 Prozent in den Entwicklungsländern stattfindet. Sie zahlen ein Vermögen, um auf überfüllten Fischerbooten in eine Welt überzusetzen, die sie nicht kennen, aber von der sie wunderbare Dinge gehört haben. Unvorstellbaren Reichtum glauben sie dort zu finden, und Glück. Was aber treibt Menschen dazu, ihre Familien und ihre Heimat zurückzulassen und ihr Leben für eine ungewisse Zukunft zu riskieren?

Warum ist die Bekämpfung von Hunger so schwierig? Fakt ist: Es werden zehn Prozent mehr Lebensmittel produziert als man benötigt, um alle Menschen satt zu bekommen. Marcus Vetter und Karin Steinberger sind in fünf Ländern auf Spurensuche gewesen: Was sind die Gründe für Hunger?

Mauretanien ist für viele Afrikaner das Tor zur Welt – d. h. Europa. Tausende versuchen von der Hafenstadt Nouadhibou aus vor dem Hunger zu fliehen. Für viele ist es eine Flucht in den Tod. In Kenia verdursten im Schatten der Touristenhotels die Menschen, weil die reichen Wasservorkommen kanalisiert wurden, um zum Beispiel die riesigen Rosenplantagen zu bewässern. Die Blumen sind für europäische Großmärkte bestimmt. Deshalb glaubt eine junge Kenianerin, dass in Europa paradiesische Zustände herrschen.

In Indien versuchen Kleinbauern mit geringem Erfolg mit gen-manipuliertem Reis zu überleben. In Brasilien stellen Bauern längst die Bewohner der Favelas an der Peripherie der Großstädte. Brutal durchgesetzte Monokulturen der Großunternehmen haben ihnen die Lebensgrundlage entzogen. Auch noch ein halbes Jahr nach dem schweren Erdbeben auf Haiti, gehört Hunger zum Alltag der Menschen.

An fünf Beispielen dokumentieren Marcus Vetter und Karin Steinberger in ihrem Film Hunger in der Welt: Dabei haben sie auf die üblichen Bilder von hungernden afrikanischer Kinder verzichtet, sondern machen Hunger als Symptom einer globalen Krise deutlich. Für bloße Betroffenheit ist es inzwischen zu spät.
Mit ihrer Dokumentation „Hunger“ ist Karin Steinberger und Marcus Vetter inhaltlich und formal ein vorzüglicher Film gelungen, der unsentimental von Verlusten berichtet, aber auch Perspektiven aufzeigt.

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