Freitag, 23. Juni 2017

DER GROSSE REIBACH



Mit dem Wahlsieg Margaret Thatchers in Großbritannien 1979 und der US-Präsidentschaft Ronald Reagans ab 1981 begann eine "neoliberale Revolution", die den Kapitalismus tiefgreifend verändert hat, indem sie seine sozialen Aspekte immer weiter reduzierte. Diese Ära ging 2007 mit einer Immobilienkrise zu Ende, die die westliche Welt in ein Wirtschaftstief stürzte und eine Zeit ökonomischer und politischer Unsicherheit eröffnete, deren Ende auch 2012 nicht abzusehen ist.

Als Margaret Thatcher in Großbritannien und Ronald Reagan in den USA die Regierung übernahmen, starteten diese beiden überzeugten Anhänger mit Hilfe von Wirtschaftsberatern der mächtigsten Großbanken eine Deregulierungskampagne sondergleichen: Stück für Stück zerschlugen sie alles, was nach der großen Depression 1929 und der Nachkriegszeit geschaffen worden war, um dem Kapitalismus eine soziale Komponente zu geben. Ihre Nachfolger, ob konservativ oder "links", führten diese Politik fort. So bestand ironischerweise die letzte Amtshandlung des Demokraten Bill Clinton im Oval Office in der Unterzeichnung eines Gesetzes, das den Staat völlig entwaffnen und Finanzmärkten endlich erlauben sollte, sich so zu entwickeln, wie es ihnen beliebte.

Das neue Zeitalter führte zu allgemeiner Verschuldung und einem Spekulationskapitalismus, in dem der sofortige Profit verlockender ist als Investition und in dem nicht mehr der einzelne Anleger, sondern die ganze Welt die Risiken trägt. Zwischen Produktions- und Finanzsektor tat sich ein tiefer Graben auf.

Spekulation hatte es im Kapitalismus schon immer gegeben. Doch was früher als Ausnahme galt, wurde nun die Regel. Die weltweite Finanzwirtschaft geriet aus den Fugen: Das Oligopol der Großbanken wurde zum Unsicherheitsfaktor, und mit der neuen Wirtschaftselite wuchs die soziale Ungleichheit. Doch dann riss die Realität die Finanzriesen aus ihren Träumen: im Jahr 2007 implodierte das System.

Die Filmemacher Jean-Michel Meurice und Fabrizio Calvi bieten einen Einblick in das Zusammenwirken jener Mechanismen, die die Finanzwelt in die aktuelle Krise geführt haben.

DER TANZ DER GEIER



Der Neo-Liberalismus in der Wirtschaftspolitik hat im Verlauf der letzten 30 Jahre die Banken immer mächtiger werden lassen. Profit hat oberste Priorität, statt Investitionen bestimmen Spekulationen die Geschäfte. Dabei gerät die Politik immer mehr unter den Einfluss omnipräsenter Finanzmanager. Wird die gegenwärtige Finanzkrise daran etwas ändern?

Geschäftsbanken, Hedgefonds und Versicherungen spielen mit Risiken und Vertrauen, mit wahren und falschen Werten. Derivate werden immer komplexer, Kommissionen steigen ins Unermessliche, und Geldmengen bewegen sich immer schneller um die ganze Welt. Die Gefahr einer Finanzblase steigt. Ob Rohstoffe, Immobilienkredite oder undurchschaubar gewordene Finanzinstrumente - die Spekulanten machen auf der Suche nach Profit vor nichts halt.

Wie konnte sich dieses System durchsetzen, und warum können die Staaten es nicht mehr kontrollieren? Die Antwort scheint nahe zu liegen: Die Bankiers haben die Macht übernommen. In den Vereinigten Staaten etwa ist die "Krake" namens Goldmann Sachs allgegenwärtig und viele Männer und Frauen in Machtpositionen waren oder sind immer noch für diese Bank tätig. Auch in Europa, vor allem in Brüssel, schreiben die omnipräsenten Banken den Staaten ihre Gesetze vor. Und eine Änderung ist trotz globaler Finanzkrise nicht in Sicht.

TOD AUF RATEN



Zwischen Zinserlass und Zwangsräumung: Wie reagieren die verschiedenen europäischen Länder auf die Überschuldung von Privathaushalten? Mit dem Platzen der Immobilienblase im Jahr 2008 explodierten in den USA die Staatsschulden und die der privaten Haushalte. Doch auch in Europa zwang die Finanzkrise mehr und mehr Privatpersonen dazu, Kredite aufzunehmen. Im Oktober 2016 waren laut „SchuldnerAtlas“ 6,8 Millionen Deutsche verschuldet, mit einer durchschnittlichen Überschuldung von rund 35.000 Euro pro Person. Auch im europäischen Umfeld sieht die Situation kaum besser aus.

In Frankreich nehmen sich laut Experten täglich drei Menschen das Leben, weil sie keinen Ausweg aus der Schuldenspirale finden. Seit der Finanzkrise 2008 sind immer mehr private Haushalte in Europa überschuldet.

Das Phänomen führt zwar längst nicht immer zum Suizid, doch in vielen Fällen ziehen Existenzängste und Schamgefühl eine soziale Ausgrenzung und seelische Störungen nach sich, die schwer zu heilen sind. In einer Gesellschaft des Überflusses, wo sich Versuchung und Frust ständig abwechseln, werden Verbraucher mit immer subtileren und perfideren Methoden zum Geldausgeben angeregt.

Mit der Aufnahme des ersten Kredits beginnt meist das Unglück - doch weil Darlehen als Motor für Konsum und Wachstum gelten, können selbst die riskantesten Kreditformen nur schwer verboten werden.

Welche Lücken hat das Finanzsystem? Welche gesetzlichen Schlupflöcher nutzen Kreditgeber? Und was können Privatpersonen tun, um der Schuldenspirale zu entkommen? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt der Dokumentation, die in Deutschland, Dänemark, Frankreich, Spanien, Großbritannien und Island gedreht wurde. In einigen dieser Länder ist die Schuldensituation besonders prekär, in anderen wird bereits effizient gegen private Haushaltsüberschuldung vorgegangen. So kann die Vermittlung von finanzieller Allgemeinbildung und Kenntnissen in Haushaltsführung dabei helfen, dass es gar nicht erst so weit kommt.

Manche träumen gar von einer kollektiven Entschuldung nach dem Vorbild des biblischen Erlassjahres oder der mesopotamischen Könige, die regelmäßig einen generellen Schuldenerlass anordneten, um flüchtige Schuldner in die Stadt zurückzuholen.

Dazu gehört der amerikanische Anthropologe und Occupy-Wall-Street-Mitinitiator David Graeber, der im Dokumentarfilm ebenfalls zu Wort kommt.

WIE GEFÄHRLICH IST DIE DEUTSCHE BANK?



WIE GEFÄHRLICH IST DIE DEUTSCHE BANK?

Im Sommer 2016 platzt über der Deutschen Bank eine Bombe. Der Internationale Währungsfonds bescheinigt ihr, die Bank mit den größten Risiken fürs Weltfinanzsystem zu sein. Das Management der Bank war erschüttert. Erstmals in ihrer Geschichte ist die traditionsreiche Deutsche Bank gezwungen, auf die Öffentlichkeit zuzugehen und um Vertrauen zu werben. Der Dokumentarfilm bietet einen exklusiven Einblick in das Innere der Deutschen Bank und Interviews mit dem Top-Management, darunter der Vorstandsvorsitzende John Cryan. Er zeigt zugleich, was eine Mega-Bank eigentlich ist und tut.

"Gefährlichste Bank der Welt" - titelten die Medien, nachdem der Internationale Währungsfonds die Deutsche Bank als den "bedeutendsten Träger systemischer Risiken" bezeichnet hatte. "Da waren wir in den Schlagzeilen", erzählt Deutsche-Bank-Chef John Cryan, "aus einer Reihe von falschen Gründen." Mit dramatischen Folgen.

Die Bank - ein finanzieller und moralischer Sanierungsfall: Zusätzlich zu den milliardenschweren Altlasten aus kriminellen Geschäften und überbordenden Kosten kam jetzt auch noch die Vertrauenskrise. Erstmals in ihrer langen Geschichte ist die Deutsche Bank gezwungen, öffentlich um Vertrauen zu werben. "Entweder wir verändern die Außenwahrnehmung", erklärt Kommunikationschef Jörg Eigendorf den Führungskräften, "oder die Außenwahrnehmung verändert uns." "Offenheit" und "Transparenz" heißen die neuen Schlagworte, die auch diesen Dokumentarfilm ermöglichten.

Die wichtigsten Manager der Deutschen Bank standen Rede und Antwort, um die Frage zu beantworten: "Wie gefährlich ist die Deutsche Bank?" Der Film bietet einen exklusiven Einblick in das Innere der Deutschen Bank mit noch nie gesehenen Bildern der Firmenzentralen in Frankfurt, London und New York und Interviews mit dem Top-Management, darunter der Vorstandsvorsitzende John Cryan und Aufsichtsratschef Paul Achleitner. Die Autoren ziehen Bilanz. Wie weit sind die Aufräumarbeiten gediehen? Welche Altlasten gibt es noch? Wie glaubwürdig ist der Wandel? Vor allem: Welche Zukunft hat die Mega-Bank? Am Beispiel der Deutschen Bank wird deutlich, wie verflochten unser Finanzsystem ist und welche Gefahr damit verbunden ist.