Dienstag, 16. Juni 2015

DROGEN: AMERIKAS LÄNGSTER KRIEG



Amerika befindet sich in einem Krieg, auch im Inneren des Landes. Es geht um den jahrzehntelangen mehr oder weniger erfolgreichen Kampf gegen den Drogenmissbrauch. Hier werden Milliarden von Dollar investiert. Auffällig ist, dass im Zusammenhang mit der Drogenkriminalität sowohl aufseiten der Opfer als auch aufseiten der Täter überdurchschnittlich viele schwarze Amerikaner involviert sind. Der Dokumentarfilm zeigt eine amerikanische Gesellschaft, die einen schwarzen Präsidenten an der Spitze hat, deren Alltag und Justiz aber dennoch nicht frei von Rassismus ist.

Filmemacher Eugen Jarecki analysiert den Zustand der amerikanischen Gesellschaft im Spiegel des Kampfes gegen Drogen und hat gleichzeitig einen Film über den Rassismus in den USA gemacht. Dabei geht es auch um die Frage, welchen Stellenwert die von Barack Obama geführte Regierung dem Kampf gegen Drogen beimisst und mit welchen Methoden sie dabei vorgeht.

ZURÜCK ZUM SCHLAGBAUM?


Menschen bewegen sich frei in Europa – ohne Kontrollen passieren sie die Grenzen – reisen, arbeiten, leben. Die Freizügigkeit ist eine der Grundfesten der europäischen Idee. Groß waren die Visionen, als das Abkommen im luxemburgischen Grenzort Schengen 1985 unterzeichnet wurde. Nun, 30 Jahre später, ist das Europa von damals ein anderes. Anlass für eine Bilanz.

Die Europäer wandern wie nie zuvor. Millionen Menschen, vor allem aus Osteuropa, verlassen Familien und Freunde in Richtung Westen. Mobilität innerhalb der EU ist gewollt und wird gefördert. Doch die Freiheit von Schengen hat auch zu Disproportionen und Spannungen, vor allem zwischen den alten und den neuen EU-Mitgliedsstaaten, geführt – zu Enttäuschung und Angst auf beiden Seiten. Fremdenfeindlichkeit macht sich breit. Und die Hüter eines freien und geeinten Europa wirken hilflos.

Dazu kommt der Flüchtlingsdruck von außen. Krisen, Kriege, Naturkatastrophen versetzten mehr als 50 Millionen Menschen weltweit in Bewegung. Hat die EU eine gemeinsame Strategie, mit diesen Migrationsströmen fertig zu werden oder wird sie daran zerbrechen? Der Themenabend wendet seinen Blick zunächst nach Bulgarien, wo Menschen sterben, weil Ärzte abwandern. Durch die Massenabwanderung junger Arbeitnehmer verlieren die osteuropäischen Länder die wichtigste Generation ihrer Gesellschaft. Auf der anderen Seite bestimmen Billiglohn und Ausbeutung den Arbeitsalltag vieler Migranten in Westeuropa.

Zuwanderungsländer beklagen den Missbrauch ihrer Sozialsysteme und suchen nach Wegen, Migranten wieder auszuweisen. Anstatt zusammenzuwachsen, führt die Freiheit zu einer stärkeren sozialen, wirtschaftlichen und politischen Teilung Europas. Und das Wohlstandsgefälle wird nicht reduziert, es wächst. Die Freizügigkeit als wichtigste Errungenschaft gefeiert, sollte Stabilität und Wohlstand für alle Europäer bringen. Was ist passiert?

In einem deutschen Asylbewerberheim wartet der junge Syrer Yaser auf seinen Asylbescheid. Hinter dem Mittzwanziger liegt eine Odyssee - von Damaskus über Istanbul nach Harmanli in Bulgarien über den Landweg nach Deutschland. Eigentlich regelt das Dubliner Abkommen, dass Flüchtlinge nur in dem Land Asyl beantragen dürfen, das sie als erstes betreten. Mittlerweile winken Italien, Ungarn und Griechenland Asylsuchende zum Norden durch. Das Abkommen existiert nur noch auf dem Papier. Das alte System ist kollabiert und noch ist kein neues absehbar. Wie soll aber eine gemeinsame Flüchtlingspolitik in den nächsten Jahren aussehen? Verunsichert versucht Europa sich abzuschotten. Die Außengrenze wird technisch und organisatorisch weiter ausgebaut. Im Gespräch sind Schutzzonen für Flüchtlinge in Tunesien und Ägypten. Eine gemeinsame Strategie fehlt auch hier. In Anbetracht der wachsenden Probleme entpuppt sich Europa immer deutlicher als uneiniges Binnenland.

Enttäuschungen haben sich daher breitgemacht. Eine neue Fremdenfeindlichkeit und die Angst vor Identitätsverlust finden ihren Ausdruck in nationalen Bewegungen wie Pegida und dem Erstarken rechter Parteien wie Front National. Wie will die Politik die Sorgen der Menschen in Europa beruhigen und gleichzeitig solidarisch bleiben? Wie gefährdet ist das gesamteuropäische Projekt in diesen Tagen? In Straßburg werden EU-Kenner diese Fragen im Studio diskutieren.

Montag, 15. Juni 2015

LILJA 4-EVER



Die Geschichte ist universell und sie geschieht tagtäglich fast überall hier im westlichen Europa: Mädchen aus der ehemaligen Sowjetunion werden über die Grenze gebracht und mit brutaler Gewalt gezwungen, anschaffen zu gehen. Man liest die Schlagzeilen, aber sieht und hört nicht die Menschen, die dahinter stehen. Mit Lukas Moodyssons Film haben sie ein Gesicht.

Alles ist schrecklich in "Lilja-4-ever", alles ist Leiden. Dieser Film ist nur für Hartgesottene, denn mit Spielfilm im klassischen Sinne von ‚Unterhaltung' hat er nichts mehr zu tun. Mit der unvermittelten, hautnahen Sichtweise einer Dokumentation erzählt Moodyssons Film von einer Spirale in den Abgrund, einen Abstieg in die Verdammnis. Jedes Mal geht es für die Titelheldin noch ein bisschen tiefer ins Verderben, fällt sie noch ein bisschen härter.

"Lilja-4-ever" ist auch und vor allem ein Film über Verrat und enttäuschtes Vertrauen, denn Lilja stürzt nicht eigenhändig ab, sondern bekommt auf jeder Stufe einen neuen Stoß. Der einzige, der Lilja nicht in der einen oder anderen Art missbraucht ist Volodnya, der ebenfalls von der Familie verstoßene Nachbarsjunge. Zusammen versuchen die beiden ihr Bestes, um in Dreck und Armut nicht unterzugehen.

Man windet sich als Zuschauer im Sessel, man betet förmlich für ein bisschen Hoffnung, meinetwegen auch ein bisschen verklärenden Kitsch. Diesen Gefallen tut einem der Film nicht. Er geht seinen Weg konsequent zu Ende. Man will heulen. Als Lilja von ihrer rosigen Zukunft in Schweden träumt, möchte man so sehr, dass dies der Beginn eines besseren Lebens ist, und weiß doch genau, dass es nur noch tiefer in den Abgrund gehen wird. Allerdings - und das ist wiederum eine der großen Leistungen des Films - es wird einem klar, warum sie darauf eingeht, warum sie Volodniyas Warnungen in den Wind schlägt, warum der Einwand, dass es im Winter in Schweden gar kein Gemüse gibt, zur Seite gewischt wird. Eine Binsenweisheit eigentlich, aber wahr und wahrhaftig: Lilja mag alles verloren haben und nichts mehr besitzen, aber sie braucht ihre Träume. Denn ohne ihre Träume hat sie gar nichts. Dies ist auch die Relevanz des kitschigen Mariengemäldes, das Lilja als einziges persönlich kostbares Eigentum mit sich herumschleppt: Es erinnert sie an ihre Träume und Hoffnungen auf ein besseres Leben. Als sie es verzweifelt zerschlägt, ist alles vorbei. Moodysson ist auch hier unerbittlich: Er zeigt uns als einzigen Ausweg den Traum, die Illusion, das Was-wäre-wenn, aber es ist kein Ausweg. Engel mit Pappmaché-Flügeln, Basketball, verwischtes Lachen, soweit nur reicht der Traum. Und ist doch kein Trost.

Und wieso rechtfertigt dieser Film eine Höchstnote? Weil er wirkt. Und nachwirkt. Weil sich ganze Sequenzen in die Netzhaut der Zuschauer brennen. Weil man ihn nie wieder vergisst. Als Nietzsche sagte "Wenn Du lang genug in den Abgrund hineinschaust, schaut der Abgrund in Dich hinein", muss er so etwas gemeint haben. Moodysson zwingt seine Zuschauer, in den Abgrund zu starren und dieser starrt einem bitter ins Gesicht, ohne zu zwinkern, ohne dem Blick auszuweichen. Ein erschütterndes, bedrohlich schleichendes Monster von einem Film.

Mittwoch, 10. Juni 2015

GELOBTE LÄNDER


Der Dokumentarfilm beruht auf dem Buch "Die Eingewanderten. Toleranz in einer grenzenlosen Welt" des niederländischen Soziologen Paul Scheffer und erzählt die Geschichte der Einwanderung in Europa von den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts bis heute in Form einer Montage von Archivbildern. Der Film kommt dabei ohne Kommentar aus und lässt die Bilder für sich sprechen.

Der Dokumentarfilm beruht auf dem bei Hanser erschienenen Buch „Die Eingewanderten. Toleranz in einer grenzenlosen Welt“ des niederländischen Soziologie-Professors Paul Scheffer und erzählt die Geschichte der Einwanderung in Europa von den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts bis heute in Form einer Montage von Archivbildern, die in den Einwanderungsländern Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Belgien, den Niederlanden und Schweden gezeigt wurden. Ausschnitte aus Talkshows, Radiosendungen, Fernsehnachrichten, Dokumentar- und Spielfilmen beleuchten die Debatten der vergangenen Jahrzehnte.

Der Dokumentarfilm zeigt die Erfahrungen von Migranten, die wirtschaftliche Not und die Aussicht auf einen guten Job nach Europa treiben, wo es an Fachkräften mangelt. Er folgt ihnen in die Einstellungsbüros großer Konzerne und auf die Züge und Schiffe, die sie in die vielversprechende Fremde bringen. Der Film begleitet sie bei ihrer Niederlassung in Europa und macht deutlich, welchen Schwierigkeiten sie dabei begegnen – sei es bei der Wohnungssuche, der sprachlichen Verständigung oder der Organisation ihres Alltagslebens.

Aus der Sicht der Migranten, aber auch aus der Position der Aufnahmegesellschaften heraus beleuchtet der Dokumentarfilm das Konfliktpotenzial und die Probleme, die Zuwanderung mit sich bringt. Der Film zeigt die Schwierigkeiten der lokalen Bevölkerung im Umgang mit ihren neuen Nachbarn und Arbeitskollegen, die sie häufig nicht verstehen, sei es sprachlich oder kulturell. Die Autoren René Roelofs und Paul Scheffer bieten weder eine moralische Wertung noch Erklärungsansätze. Sie lassen die Bilder für sich selbst sprechen und zeigen damit, dass diese modernen Konflikte letztlich Teil einer Entfremdung auf beiden Seiten sind. Migranten haben genauso mit ihr zu kämpfen wie die einheimische Bevölkerung. Aber letztlich kann sie als Chance für Annäherung und Integration verstanden werden.

Montag, 8. Juni 2015

SCHLANK DURCH SCHOKOLADE - EINE WISSENSCHAFTSLÜGE GEHT UM DIE WELT



Jeden Tag fallen überall in Europa Verbraucher auf dubiose Studien herein. Wer die Wissenschaft hinter sich hat, kann fast alles verkaufen: ob Joghurt, Cornflakes, Milch, Sojaprodukte oder Diäten. Das haben Wissenschaftler in ausgiebigen Untersuchungen für uns erforscht. Aber stimmt das überhaupt? Wie wissenschaftlich sind diese Untersuchungen?

Die Versprechen der Werbung sind vollmundig, die Ergebnisse mager. Erfolge mit Diäten haben die allerwenigsten Übergewichtigen. Und doch gibt es unzählige Studien, die das Gegenteil behaupten. Nicht nur die großen Abspeckunternehmen wie Weight Watchers, auch Diäterfinder wie Montignac oder Atkins verweisen auf wissenschaftliche Untersuchungen. Und allen Übergewichtigen, die mit ihrer Diät scheitern, wird der Spiegel vorgehalten: Schuld seien sie selbst, denn für den Diäterfolg bürgen hochdekorierte Professoren aus allen Bereichen.

In Deutschland sprechen Kritiker sogar von einem Kartell der Ernährungsmediziner. Diät Studien versprechen oft aufgrund kurzer Untersuchungszeiträume Erfolge, die bei Langzeitstudien überhaupt nicht nachzuweisen sind. Dennoch werden die positiven Ergebnisse in renommierten Zeitschriften publiziert und überzeugen Leser und nicht zuletzt auch Ärzte, die dann die entsprechenden Diäten empfehlen.

Die Autoren Diana Löbl und Peter Onneken gehen in Deutschland und Frankreich der Frage nach, wie die Diätindustrie die Wissenschaft systematisch benutzt, missbraucht und kauft. Sie erfinden die Schokoladen Diät, „The Chocolate Transformation“ und führen eine wissenschaftlich begleitete Studie durch, die so absurd ist, dass man sie eigentlich nicht ernst nehmen dürfte. Wird es ihnen gelingen, anhand von 15 Probanden zu belegen, dass Schokolade der beste Diätbeschleuniger ist, den es je gab? Werden diese Ergebnisse tatsächlich in der wissenschaftlichen Fachpresse veröffentlicht?

Diana Löbl und Peter Onneken wollen zeigen, wie gut die „Verkaufsmasche Wissenschaft“ funktioniert. Immer wieder werden zweifelhafte Studien veröffentlicht, die vor allem einen Zweck erfüllen dürften: das Geschäft der Multi-Milliarden-Euro-Industrie zu beflügeln.

Mittwoch, 3. Juni 2015

RU 486 - DIE ETWAS ANDERE PILLE


Der französische Arzt Etienne-Emile Baulieu entwickelte 1982 die Abtreibungspille RU 486 und sorgte damit für heftige Debatten. Nach Jahren erbitterter Grabenkämpfe wurde die Abtreibungspille schließlich zugelassen. Warum ist der medikamentöse Schwangerschaftsabbruch immer noch derart umstritten? Die Dokumentation skizziert auch den Kampf von Frauen für Selbstbestimmung.

Der französische Arzt Etienne-Emile Baulieu entwickelte 1982 die Abtreibungspille RU 486 und sorgte damit – sieben Jahre nach der Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs in Frankreich – für heftige Debatten. Nach vielen Jahren erbitterter Grabenkämpfe wurde die Abtreibungspille schließlich zugelassen. Warum ist der medikamentöse Schwangerschaftsabbruch immer noch derart umstritten? Befürworter betonen, dass er früher erfolgt, nicht-invasiv und weniger teuer ist als ein chirurgischer Eingriff. Abtreibungskritiker versuchen dagegen, die Vermarktung dieser Pille zu verhindern. 

Die Kontroverse um die Abtreibungspille wurde bisher nicht auf rein wissenschaftlicher, sondern auf religiöser und ideologischer Grundlage geführt. Dieser Kampf zwischen den Lagern dauert an. In Italien, Spanien und den USA sorgen organisierte Bewegungen dafür, Frauen und Ärzten Schuldgefühle einzureden und abzuschrecken. Auch in Frankreich kämpfen Frauenrechtler gegen eine Opposition, die sich auch vehement auf Demonstrationen gegen die Homo-Ehe zu Wort meldete.

Die Dokumentation stellt die Non-Profit-Organisation Women on Waves vor, die ein Schiff in Mittelmeerländer schickt, in denen Abtreibung verboten ist. Es bringt Frauen, die abtreiben möchten, in internationale Gewässer, wo sie unter ärztlicher Aufsicht die Abtreibungspille einnehmen können. Außerdem bietet der Film Archivbilder, Interviews mit Dr. Baulieu, dem Genetiker Axel Kahn sowie anderen Ärzten, die an der Entwicklung der Abtreibungspille beteiligt waren, und lässt RU-486-Gegner und -Befürworter aus aller Welt zu Wort kommen. „RU 486 – Die etwas andere Pille“ ist ein Film über eine wissenschaftliche Errungenschaft und die gesellschaftliche Debatte, die sie bis heute entfacht.