Freitag, 8. Februar 2013

CHEMIE IM WASSER



Fische und Amphibien verweiblichen, Schäden an Gehirn, Leber und Kiemen nehmen zu. Auch bei Menschen breiten sich Allergien und Antibiotika-Resistenzen aus. Bislang fehlen eindeutige Belege für einen Zusammenhang mit den chemischen Rückständen im Wasser. Doch niemand kann sagen, welche Folgen es hat, wenn Menschen über lange Zeit Hunderte von Stoffen über das Trinkwasser zu sich nehmen - und sei es in niedrigen Konzentrationen.

Der Ökotoxikologe Peter von der Ohe vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig sammelt Wasserdaten aus ganz Europa. Sein Ergebnis: "Europas Gewässer werden auf viel zu wenige Stoffe untersucht und die Grenzwerte sind zu hoch. Nach unseren Daten können nur 15 Prozent der Gewässer als wirklich sauber gelten. Rund die Hälfte ist dagegen deutlich beeinträchtigt." Andere europäische Wissenschaftler bestätigen diese Einschätzung. So kann die Pariser Biologin Barbara Demeneix nachweisen, wie die Schadstoffe im Wasser die Schilddrüsenfunktion beeinträchtigen, und ihr britischer Kollege Charles Taylor zeigt auf, dass die kontaminierte Flüssigkeit dazu führt, dass Fischmännchen Eier produzieren statt Spermien.

Vertreter der europäischen Pharmaindustrie und Janez Potocnik, EU-Kommissar für das Umweltressort, sehen kein Problem. Das europäische Wasser sei unbedenklich, sagen sie. Und wie sieht die Situation weltweit aus? Joakim Larsson von der Universität Göteborg hat Wasserproben aus dem indischen Hyderabad untersucht. Die Pharmaindustrie verlagert einen Teil ihrer Produktion in Schwellenländer wie Indien. Dort gelangen Abwässer teilweise ungeklärt in die Kanalisation. Der Befund: "Antibiotika-Konzentrationen, die bis zu einer Million mal höher sind, als sie normalerweise in geklärtem Wasser gefunden werden. Die Konzentration war teilweise höher als im Blut von Patienten, die mit dem entsprechenden Antibiotikum behandelt werden." Sauberes Wasser ist also auch in diesem Fall eine Illusion.

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