Der Kampf um die Nahrungsmärkte der Zukunft
Der Agrarwissenschaftler Peter Smeets hat eine Vision: Der Großteil
unserer Lebensmittelerzeugung, Gemüseproduktion und Viehhaltung soll in
großen industriellen Zonen rund um die Stadt stattfinden. Sein Stichwort
heißt Effizienz - ob bei Schweinezucht, Schlachtung, Milchviehbetrieben
oder überdimensionalen Gewächshäusern. Denn seine Überzeugung lautet:
"Den meisten Menschen ist es egal, woher ihr Essen kommt, solange es gut
und billig ist. Sie interessieren sich erst dann für die Produktion,
wenn etwas schief läuft."
Das sehen die Urban Gardeners in Berlin ganz anders. In einer
Diskussionsrunde inmitten der Kistenbeete und Sonnenblumen auf dem
ehemaligen Tempelhofer Flughafengelände und in den Prinzessinnengärten
im Szenekiez Kreuzberg erfährt man, worum es den Kleingärtnern geht: um
den Kontakt mit der Natur, soziales Miteinander, gemeinsames Nachdenken
und um eine alternative Versorgung.
Roman Gaus aus Basel geht einen Schritt weiter - er möchte "Urban
Farming" nach dem IKEA-Modell weltweit verbreiten. Mit seiner
Pilotanlage auf einem Industriehallendach in Basel produziert der
Stadtbauer Fisch und Gemüse und beliefert bereits fünf Restaurants "mit
dem frischsten Fisch in der Stadt."
Solche Versuche kann Peter Smeets nur belächeln, "für einen
Nischenmarkt könnte das funktionieren, aber wenn man über die
Welternährung spricht, lässt sich das nur in einem globalen Netzwerk
lösen". So fährt Peter Smeets nach Indien, ein Land, in dem die von ihm
erdachten "Agroparks" Wirklichkeit werden könnten. Denn hier ist Platz
für den Bau riesiger industrieller Ernährungsparks, und der Bedarf, die
Landwirtschaft weiter zu industrialisieren, ist groß.
Smeets Gegenspieler ist Felix zu Löwenstein. Der Autor des Buches
"Food Crash - Wir werden uns ökologisch ernähren oder gar nicht mehr"
klagt an, dass wir kein Produktionsproblem haben, sondern ein
Verteilungsproblem. Vielen Menschen auf dem Land fehle Zugang zu Wasser,
zu Finanzierung und Bildung. Als Ökolandwirt beobachtet er mit großer
Besorgnis die zunehmende Ausblutung ganzer Landstriche in Europa und in
den Entwicklungsländern. Was soll aus diesen sich leerenden Landschaften
werden? Ohne einen Mentalitätswandel vor allem in den Industrienationen
sieht Löwenstein die Welt in eine globale Ernährungskrise ungekannten
Ausmaßes stolpern. Bleibt nichts anderes übrig, als das Konsumverhalten
der Menschen zu akzeptieren und ihren ständig steigenden Bedarf so
effizient wie möglich zu befriedigen? Oder führt uns dieser Weg
zwangsläufig in eine Sackgasse?
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