Mittwoch, 9. Oktober 2013

WIE WIRD DIE STADT SATT? - DER KAMPF UM DIE NAHRUNGSMÄRKTE DER ZUKUNFT



Der Kampf um die Nahrungsmärkte der Zukunft

Der Agrarwissenschaftler Peter Smeets hat eine Vision: Der Großteil unserer Lebensmittelerzeugung, Gemüseproduktion und Viehhaltung soll in großen industriellen Zonen rund um die Stadt stattfinden. Sein Stichwort heißt Effizienz - ob bei Schweinezucht, Schlachtung, Milchviehbetrieben oder überdimensionalen Gewächshäusern. Denn seine Überzeugung lautet: "Den meisten Menschen ist es egal, woher ihr Essen kommt, solange es gut und billig ist. Sie interessieren sich erst dann für die Produktion, wenn etwas schief läuft." 

Das sehen die Urban Gardeners in Berlin ganz anders. In einer Diskussionsrunde inmitten der Kistenbeete und Sonnenblumen auf dem ehemaligen Tempelhofer Flughafengelände und in den Prinzessinnengärten im Szenekiez Kreuzberg erfährt man, worum es den Kleingärtnern geht: um den Kontakt mit der Natur, soziales Miteinander, gemeinsames Nachdenken und um eine alternative Versorgung. 

Roman Gaus aus Basel geht einen Schritt weiter - er möchte "Urban Farming" nach dem IKEA-Modell weltweit verbreiten. Mit seiner Pilotanlage auf einem Industriehallendach in Basel produziert der Stadtbauer Fisch und Gemüse und beliefert bereits fünf Restaurants "mit dem frischsten Fisch in der Stadt." 

Solche Versuche kann Peter Smeets nur belächeln, "für einen Nischenmarkt könnte das funktionieren, aber wenn man über die Welternährung spricht, lässt sich das nur in einem globalen Netzwerk lösen". So fährt Peter Smeets nach Indien, ein Land, in dem die von ihm erdachten "Agroparks" Wirklichkeit werden könnten. Denn hier ist Platz für den Bau riesiger industrieller Ernährungsparks, und der Bedarf, die Landwirtschaft weiter zu industrialisieren, ist groß. 

Smeets Gegenspieler ist Felix zu Löwenstein. Der Autor des Buches "Food Crash - Wir werden uns ökologisch ernähren oder gar nicht mehr" klagt an, dass wir kein Produktionsproblem haben, sondern ein Verteilungsproblem. Vielen Menschen auf dem Land fehle Zugang zu Wasser, zu Finanzierung und Bildung. Als Ökolandwirt beobachtet er mit großer Besorgnis die zunehmende Ausblutung ganzer Landstriche in Europa und in den Entwicklungsländern. Was soll aus diesen sich leerenden Landschaften werden? Ohne einen Mentalitätswandel vor allem in den Industrienationen sieht Löwenstein die Welt in eine globale Ernährungskrise ungekannten Ausmaßes stolpern. Bleibt nichts anderes übrig, als das Konsumverhalten der Menschen zu akzeptieren und ihren ständig steigenden Bedarf so effizient wie möglich zu befriedigen? Oder führt uns dieser Weg zwangsläufig in eine Sackgasse?

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