Mehr als 30% der Menschheit leidet unter den Folgen der Wasserknappheit, jedes Jahr sterben mehr als 2 Millionen Menschen aufgrund schlechten oder fehlenden Wassers. Großkonzerne privatisieren die Süßwasservorräte der Erde, und sauberes Wasser könnte zu einem der wertvollsten Güter aller Zeiten werden. Wie der Mensch auch in Zukunft weiterhin von der Natur leben kann, ist die Frage in einer Zeit, in der so viele Menschen wie nie zuvor täglich um sauberes Wasser kämpfen müssen.
Eine großartige Dokumentation zum Thema Nummer eins des aktuellen Jahrhunderts: Der Zugang zu sauberem Wasser. Regisseurin Irena Salina beleuchtet die Problematik, interviewt Verantwortliche beider Seiten und führt den Zuschauer mit allen Pro- und Contraargumenten an diese noch offene Frage heran. Der Film wurde 2008 auf dem Sundance-Festival für den Großen Preis der Jury nominiert.
Wer hierzulande den Wasserhahn aufdreht, macht sich meist keine Vorstellung davon, welchen Luxus er eigentlich gerade erlebt. Denn in unserem gemäßigten Klima mit den vergleichsweise strengen Gesetzen ist es relativ einfach, sauberes Wasser für zig Millionen bereitzustellen. Doch der Schein trügt: Eine ganze Menge der über 100.000 bekannten industriellen Chemikalien, die auch in unserem Trinkwasser vorkommen, werden sogar schon beim Duschen in den Körper aufgenommen. Über den Abwasserkreislauf und das Grundwasser gelangt das Wasser - und mit ihm die gelösten Chemikalien - letztendlich wieder in die Nahrungskette und verteilt sich damit in die Körper aller Menschen, Tiere und Pflanzen.
Dass plötzlich in der Seine nur noch weibliche Fische schwimmen, Inuit-Mütter selbst im höchsten Norden des Planeten Industriechemikalien mit der Muttermilch abgeben und die Konzentration von Erkrankungen aller Art in der Nähe von großformatiger Düngung in Industrieländern wie Entwicklungsländern gleichermaßen zunehmen, ist aller Wahrscheinlichkeit dem vom Menschen verschmutzten Wasserkreislauf zuzuschreiben. Es tobt ein Kampf um die Trinkwasserversorgung der Menschheit: Für die einen ist sauberes Trinkwasser ein Produkt, das der Kunde sich leisten können muss, für die Mehrheit ist Trinkwasser jedoch ein Menschenrecht, das im Bedürftigkeitsfall auch kostenlos zur Verfügung zu stehen hat.
Neben Kostendeckung und Gewinnmaximierung, die die Hauptargumente für die Unternehmen und ihre Anteilseigner darstellen, treten noch andere Problematiken zu Tage: Wasserverarbeitende Unternehmen zahlen meist gar nichts für das Wasser, das sie der Umwelt, also der Allgemeinheit, entnehmen, um es aufzubereiten, abzufüllen und zu verkaufen. Auch sind manche Konzerne mittlerweile so groß geworden, dass die abgepumpte Wassermenge deutlich sichtbare Auswirkungen auf die Umwelt hat: Es ist nicht mehr genug für alle da, Flüsse verwandeln sich in Sümpfe, der Grundwasserspiegel sinkt ab, oder mit ihm auch gleich die ganze Landschaft.
Die Filmemacherin Irena Salina dokumentiert mit eindrucksvollen Interviews und bewegenden Bildern einen Kampf der Ideologien. Einen Kampf, der bis auf wenige Ausnahmen nahezu deckungsgleich ist mit den Unterschieden zwischen arm und reich. Die Frage, ob Wasser ein Produkt oder ein Gut ist, lässt sich am ehesten mit dem Sonnenlicht vergleichen: Das Sonnenlicht ist ein Teil unserer Welt und gehört selbstverständlich niemandem und allen zugleich. Niemand würde auf die Idee kommen, die Welt abzuschatten und Licht nur denen zu verkaufen, die es bezahlen können.
Ob es sich mit Wasser ähnlich verhält, wird die Zukunft zeigen: Kann jemand sich das Recht nehmen, den Stoff, mit dem ein Großteil der Erdoberfläche bedeckt ist, und aus dem die Menschen zu 70% bestehen, einzusammeln und den Leuten, denen man es sprichwörtlich abgesaugt hat, zurückzuverkaufen? Dies ist nicht nur die Botschaft von Irena Salinas beeindruckender Dokumentation, sondern auch brennendes Thema nahezu sämtlicher Umweltorganisationen, ethischer Think Tanks und natürlich all derer, die kein sauberes Wasser haben. Eine beeindruckende kurzweilige Dokumentation, die zum Nachdenken, Diskutieren und vor allem zum Aktiv-Werden anregt.
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