Sonntag, 31. August 2014

ALKOHOLSUCHT: WUNDERMITTEL BACLOFEN?




Baclofen ist ein Medikament aus der Gruppe der Muskelrelaxantien. Könnte es auch ein Allheilmittel gegen Alkoholismus sein? Die neue Therapie ist ein Zufallsprodukt und in der Medizinwelt heftig umstritten. Noch ist Baclofen nicht zugelassen. Ein Jahr lang hat ein Kamerateam drei von insgesamt 320 Patienten und ihre Ärzte während der ersten großen klinischen Studie begleitet.

Seit den 70er Jahren wird Baclofen bei Multipler Sklerose eingesetzt. Das Medikament ist also kein Neuling auf dem Arzneimittelmarkt. Seit den 90er Jahren halten es einige für ein Wundermittel gegen Alkoholismus. Der französische Kardiologe und Gastdozent an der State University of New York, Olivier Ameisen, selbst alkoholkrank, stellte bei einem Selbstversuch fest, dass hoch dosiertes Baclofen das heftige Verlangen nach Alkohol verschwinden ließ. Bei einer gewissen Dosis an Baclofen lösten die üblichen Trigger wie eine Weinflasche nichts mehr bei ihm aus. Im Jahre 2008 beschrieb er seine scheinbar mühelose Heilung in dem Buch „Das Ende meiner Sucht“ – ein Besteller, nicht nur in Frankreich und Deutschland.

Doch trotz dieses Selbsterfahrungsberichts und einiger kleinerer Studien blieben viele Suchtexperten skeptisch. Sie betonen die Vielschichtigkeit einer jeden Alkoholsucht, die Möglichkeit starker langfristiger Nebenwirkungen und das Fehlen von wissenschaftlichen Beweisen. Erst vier Jahre nach Erscheinen des Buches wurde im Jahr 2012 unter dem Druck von Patienten und der Medien eine große klinische Studie in Auftrag gegeben. Ihr Gegenstand war es, die Wirksamkeit von Baclofen bei Alkoholentzug genau zu untersuchen. Ein Jahr lang begleitete das Kamerateam einige der 320 Testpatienten und ihre Ärzte.

Die Dokumentation beleuchtet die Behandlung von Suchtpatienten aus wissenschaftlicher und ethischer Sicht und zeigt dabei auch die Grenzen der Medizin auf. Ist Baclofen tatsächlich ein Hoffnungsschimmer für die weltweit rund 140 Millionen Alkoholiker? Lässt sich von Heilung sprechen, wenn das Medikament ein Leben lang eingenommen werden muss? Und vor allem: Ist es möglich, den Menschen auf seine Verhaltensweisen zu reduzieren, diese als rein neurologische Mechanismen zu betrachten und somit Alkoholismus wie eine bloße organische Krankheit zu heilen?

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